Seit Montagabend kommt es in der Grenzregion zwischen dem Sudan und dem, im vergangenen Jahr unabhängig gewordenen Südsudan zu Gefechten. Angeblich soll der Norden auch einen Luftgriff auf ein südlich der Grenze gelegenes Ölfeld ausgeführt haben. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig den Angriff gestartet zu haben. Öl ist sowohl für den Sudan als auch den Südsudan die wichtigste Einnahmequelle.
Entlang der umstrittenen Grenze zwischen dem Sudan und dem seit Juli vergangenen Jahres unabhängigen Südsudan kommt es seit Montagabend zu Gefechten um in der Region gelegene Ölfelder. Der Informationsminister der südlich der Grenze gelegenen Unity State Provinz, Gideon Gatpan, wirft dem Norden vor, das Unity-Ölfeld aus der Luft bombardiert zu haben. Die in der Region aktive, asiatische Ölgesellschaft GNPOC (Greater Nile Petroleum Operating Company; ein Konsortium, das von der chinesischen CNPC geführt wird) bestätigte den Luftangriff.
Ein Sprecher des sudanesischen Außenministerium bestritt diese Aussage jedoch umgehend und warf im Gegenzug dem Süden vor, mit dem Militär das Gebiet um Heglig nördlich der Grenze angegriffen zu haben. In Reaktion darauf hätten Einheiten des Nordens Artilleriestellungen des Südsudan angegriffen.
Wer tatsächlich die Konfrontation gestartet hat ist schwer nachzuweisen. Der genaue Verlauf der 1.800 Kilometer langen Grenze ist seit der Erlangung der Unabhängigkeit des Südsudan noch immer nicht geklärt und die umstrittenen Gebiete für Journalisten nicht zugänglich. Das erneute, offene Ausbrechen der Streitigkeiten beendet allerdings eine Phase der langsamen Annäherung.
Bei von der Afrikanischen Union initiierten Gesprächen im vergangenen Monat hatte man sich darauf geeinigt, dass Staatsbürger beider Länder sowohl im Sudan als auch im Südsudan frei reisen, wohnen und arbeiten dürfen. Ende der Woche sollte sich der sudanesische Präsident Omar Hassan al-Bashir in der südsudanesischen Hauptstadt Juba zu weiteren Gesprächen mit seinem Gegenpart, Salva Kiir, treffen. Der staatliche Radiosender des Nordens berichtete heute, dass die geplante Zusammenkunft nun in Folge der Ereignisse abgesagt worden sei – eine Meldung, die von offizieller Seite noch nicht bestätigt wurde.
Größter Streitpunkt zwischen den beiden Nationen ist das Ölgeschäft, von dessen Einnahmen beide Staaten stark abhängig sind. Seit der Gründung des Südsudan liegen fast alle bekannten Erdölvorkommen der Region in dessen Staatsgebiet. Das Binnenland, dessen Staatseinnahmen zu 98 Prozent aus dem Ölexport stammen, ist jedoch auf die Infrastruktur des Nordens angewiesen, um den wertvollen Rohstoff außer Landes zu schaffen. Der Sudan verlangt vom Süden Gebühren für die Nutzung der Pipeline, die bis zum Roten Meer nach Port Sudan führt.
Ende Januar hatte der Südsudan seine gesamte Ölförderung in Höhe von 350.000 Barrel pro Tag eingestellt, nachdem die Regierung in Khartum begonnen hatte, Öl aus dem Süden zu konfiszieren. Der Norden begründete diesen Schritte mit angeblich nicht bzw. in zu geringer Höhe entrichteten Transitgebühren. Der Südsudan plant, in einigen Jahren an eine im Bau befindliche Pipeline durch Kenia angeschlossen und somit unabhängiger von seinem nördlichen Nachbarn zu werden.