Mitglieder der wichtigsten ägyptischen Parteien haben sich heute dafür ausgesprochen, die ab dem 28. November geplanten Parlamentswahlen trotz der anhaltenden Unruhen durchzuführen. Auch die USA und die Europäische Union sprachen sich dafür aus, an dem Zeitplan festzuhalten. Auch am vierten Tag der Proteste in Kairo, Alexandria und Ismailiya, gab es wieder Tote und zahlreiche verletzte.
Auch heute gingen in Ägyptens Hauptstadt Kairo und einigen anderen großen Städten des Landes wieder tausende Menschen auf die Straße, um gegen den seit dem Sturz des Machthabers Hosni Mubarak im Februar herrschenden Militärrat zu protestieren. Diesem werfen sie vor, die Macht und die Privilegien des Militärs langfristig ausbauen zu wollen. Auslöser für die seit Freitag anhaltenden Proteste war ein vom Militärrat vorgelegtes Dokument, dass vorsieht, die Kontrolle der Armee und deren Ausgaben nicht in die öffentliche Hand zu legen.
Der Militärrat hat außerdem einen Zeitplan für den Übergang zu einer zivilen Herrschaft vorgelegt. Dieser sieht jedoch vor, dass die Präsidentschaftswahlen erst Ende 2012 oder Anfang 2013 stattfinden. Zuvor soll zunächst innerhalb von drei Monaten ein Parlament gewählt werden, welches eine 100-köpfige verfassungsgebende Versammlung bestimmen soll. Diese soll innerhalb von sechs Monaten eine Verfassung ausarbeiten, über welche anschließend ein Referendum abgehalten werden soll. Erst wenn die Verfassung durch das Referendum angenommen worden ist, soll es zu Präsidentschaftswahlen kommen.
Die Demonstranten und viele Vertreter der wichtigsten Parteien im Land, darunter auch solche der gemäßigten Muslimbruderschaft, die sich gute Chancen bei den Parlamentswahlen ausrechnet, fordern, dass die Präsidentschaftswahlen umgehend bzw. zeitnah nach den Parlamentswahlen stattfinden.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings nicht einmal mehr klar, ob die Parlamentswahlen, die gestaffelt über drei Monate abgehalten werden, wie ursprünglich geplant nächsten Montag, dem 28. November, starten können. Viele der einflussreichen Parteien sprachen sich heute dafür aus, die Wahlen trotz der Gewaltausschreitungen in Kairo wie geplant stattfinden zu lassen. Auch die USA und die Europäische Union sprachen sich dafür aus, die Wahlen nicht nach hinten zu verschieben.
Aufgrund des harschen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Protestierenden, sind seit dem Ausbruch der Unruhen mindestens 36 Menschen getötet und über 1.000 verletzt worden. In Reaktion auf die Gewalt hat das ägyptische Übergangskabinett am Samstag seinen Rücktritt angekündigt. Der Militärrat hat daraufhin einen Krisenrat einberufen, zu dem diverse Parteien und andere Gruppen eingeladen wurden. Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos lehnen Gespräche mit dem Militärrat hinter geschlossenen Türen allerdings ab und sagten, dass eine Lösung für die akute Krise nur in der Öffentlichkeit gefunden werden könne.