Der Sudan und der seit Juli unabhängige Südsudan streiten sich weiter über Transitgebühren, die der Sudan für die Nutzung seiner Ölpipelines verlangt. Die Regierung des Südsudan hat angekündigt, die komplette Ölförderung einzustellen, um damit Druck auf den Norden aufzubauen – eine drastische Maßnahme. Der Sudan hat im Gegenzug nun bekannt gegeben, zwei beschlagnahmte Öltanker wieder freizugeben und somit neue Verhandlungen zu ermöglichen.
Die sudanesische Regierung in Karthum zeigt sich im Ölstreit mit dem Südsudan offenbar kompromissbereit und hat angekündigt, zwei Öltanker, die mit Rohöl aus dem Südsudan befüllt sind, wieder freizugeben. Den beiden Schiffen solle es umgehend ermöglicht werden, den Hafen von Port Sudan zu verlassen und nach Asien auszulaufen.
Hintergrund für die Auseinandersetzung ist die ungelöste Frage der Transitgebühren für die Nutzung der Pipelines und Raffinerien, die durch den Sudan verlaufen. Als der Südsudan im Juli vergangenen Jahres nach Jahrzehnten des Bürgerkrieges die Unabhängigkeit erlangte, bekam er auch die Kontrolle über drei Viertel der Ölfelder. Da das Land allerdings über keinen Zugang zum Meer verfügt, muss das Rohöl weiterhin über den Sudan ins Ausland verschifft werden.
Der Haushalt der Regierung in Juba, der Hauptstadt des Südsudan, finanziert sich zu 98 Prozent aus Einnahmen aus dem Ölgeschäft, aber auch die Regierung in Karthum ist stark von den Einnahmen abhängig. Eine klare Regelung bezüglich der Aufteilung der Gewinne aus dem lukrativen Geschäft wurde zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit und bis heute jedoch nicht getroffen. Der Sudan wirft dem Süden vor, Transitgebühren nicht zu bezahlen und hat in der Konsequenz drei Öltanker mit etwa 2,2 Millionen Barrel beschlagnahmt.
In Juba fühlt man sich „bestohlen“ und spricht von einer Gesamtsumme von 815 Millionen US-Dollar, die Karthum beschlagnahmt haben soll. Die benachbarten Länder Dschibuti, Äthiopien, Kenia und Somalia haben Vermittlungsversuche gestartet, um den fragilen Frieden zu wahren. Gespräche zwischen dem sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir und seinem südsudanesischen Gegenspieler, Salva Kiir, in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba blieben jedoch ohne Erfolg.
Pagan Amum, der Chefunterhändler des Südsudan, hatte am Freitagabend angekündigt, dass die Gespräche wegen des sudanesischen „Diebstahles“ gescheitert seien. Daraufhin hat der Südsudan drastische Maßnahmen angekündigt: Bis Samstagabend sollte die gesamte Ölförderung eingestellt werden. Ein Schritt der beiden Ländern aufgrund ihrer Abhängigkeit von den Einnahmen enorm schaden könnte.
Vor diesem Hintergrund hat die Regierung in Karthum nun eingelenkt und die Freigabe zweier Öltanker angekündigt. Der dritte konfiszierte Tanker ist berichten der Nachrichtenagentur Reuters zufolge bereits verkauft worden. Die Regierung in Juba hat sich bisher noch nicht zu der Ankündigung des Nordens geäußert.