Die Versorgungslage in der umkämpften Stadt Sirte wird immer dramatischer. Das berichtete am Wochenende das Internationale Rote Kreuz. Den Menschen fehlt es an Nahrungsmitteln und Trinkwasser, aber auch die Versorgung der Verletzten wird zunehmend problematischer. Tausende Bewohner der Stadt nützten eine kurze Waffenruhe, um vor den Gefechten zu fliehen.
Sirte, die Heimatstadt von Muammar al-Gaddafi, ist eine der letzten Hochburgen des libyschen Diktators, die noch von seinen Anhängern gegen die Rebellen verteidigt wird. Seit Wochen liefern sich die gegnerischen Truppen erbitterte Gefechte, nachdem das Ultimatum der Rebellen an die verbliebenen Getreuen des Diktators, die Stadt ohne Kämpfe zu übergeben, abgelaufen ist. Am Freitag erklärte der Übergangsrat der Rebellen eine zweitägige Waffenruhe. Obwohl zahlreiche Stadtgebiete von Sirte ungeachtet des Waffenstillstandes unter Beschuss waren, nützten am Montag tausende Bewohner die Chance und flüchteten aus der Stadt. Insgesamt sollen nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes bereits über 10.000 Menschen aus dem Kampfgebiet geflohen sein.
Mitarbeiter der internationalen Organisation berichteten, dass die Versorgungslage in Sirte zunehmend kritisch wird. Es mangelt nicht nur an Trinkwasser und Nahrungsmitteln, auch die Versorgung der Verletzten wird zunehmend schwieriger. Es fehlt an Medikamenten und Sauerstoffgeräten, um die Opfer der Kämpfe beatmen zu können. Zahlreiche Menschen sterben auf den OP-Tischen der Krankenhäuser, da es immer häufiger zu Stromausfällen kommt und auch der Kraftstoff für die Generatoren zur Stromerzeugung zu Neige geht. Die Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes belieferten ein Krankenhaus mit Medikamenten und Treibstoff. Ins Innere des Gebäudes wurden sie jedoch nicht vorgelassen, sagte ein Sprecher der Organisation.
Wie der Nationale Übergangsrat den Medien berichtete, wirft die NATO Flugblätter über der Stadt ab, in denen sie die Menschen auffordert, Sirte zu verlassen. Doch gerade der Mangel an Treibstoff ist einer der Gründe, der die Flucht aus der Stadt für viele Menschen unmöglich macht. Benzin ist fast nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich, wo astronomische Summen verlangt werden. Dennoch gelang es am Wochenende tausenden Einwohnern Sirtes in langen Autokonvois aus der Stadt zu flüchten. Die Flüchtlinge berichteten, sie seien von den Anhängern Gaddafis davor gewarnt worden, die Stadt zu verlassen. Einige wurden auf der Flucht von Gaddafis Kämpfern beschossen. Wie der Fernsehsender Al-Arabija berichtete, planen die Truppen der Rebellen derzeit einen erneuten Großangriff auf die Stadt.