Nach landesweiten Protesten der Opposition gab der Generalstabschef Ägyptens am Samstag bekannt, dass das Wahlrecht für die kommenden Wahlen geändert werden wird. Konkret handelt es sich um einen Absatz, der die Vergabe von Parlamentssitzen an unabhängige Kandidaten vergibt. Durch die Änderung des Passus soll verhindert werden, dass Mitglieder des alten Mubarak-Regimes erneut in die Regierung Ägyptens gelangen.
Die Parlamentswahlen in Ägypten sollen am 28. November dieses Jahres abgehalten werden. Es sind die ersten freien Wahlen nach dem Sturz des Ex-Präsidenten Hosni Mubarak, der das Land über 30 Jahre lang regierte. Seither ist der ägyptische Militärrat an der Macht in Ägypten. Mit den Wahlen soll die Regierung des Landes dann an eine zivile Spitze übergeben werden. Am Samstagabend gab der Generalstabschef der Übergangsregierung Sami Anan bekannt, dass ein umstrittener Absatz im aktuellen Wahlrecht Ägyptens geändert werden soll. Damit reagiert der Politiker auf Proteste der Opposition, die in mehreren Städten des Landes gegen zu langsame Reformen und gegen den Chef des Militärrats, Hussein Tantawi, demonstriere, der bereits unter Mubarak im Amt gewesen war. Allein auf dem Tahrir-Platz in Kairo versammelten sich am Freitag mehrere tausend Menschen.
Der besagte Passus im Wahlgesetz Ägyptens, den zu streichen der Generalstabschef nun zugesagt hat, sieht vor, dass im Parlament eine bestimmte Anzahl an Sitzen an unabhängige Kandidaten gehen muss. Die Opposition befürchtete, dass durch diese Regelung erneut Anhänger des Diktators Mubarak in die neue Regierung des befreiten Ägypten gelangen könnten. Weiterhin steht zur Debatte, ob Mitglieder von Mubaraks Nationaldemokratischer Partei (NDP) in Zukunft grundsätzlich aus der Regierung Ägyptens ausgeschlossen werden können. Entsprechende Möglichkeiten werden derzeit offenbar geprüft. Auch dieser Schritt ist eine Reaktion auf die Drohung der oppositionellen Parteien, die kommenden Wahlen zu boykottieren, sollte das Wahlrecht in dieser Hinsicht nicht geändert werden.
Debattiert wird derzeit außerdem, ob der Ausnahmezustand in Ägypten nach über 30 Jahren aufgehoben werden soll. Auch das wäre ein großer Schritt in Richtung Demokratie. Denn der Ausnahmezustand erlaubt dem Militär und den Sicherheitskräften, Personen festzunehmen und in Schnellverfahren zu verurteilen. Erst vergangenen Monat hatte der Militärrat den Weiterbestand des Ausnahmezustandes beschlossen. Menschenrechtsorganisationen und westliche Regierungen hatten diese Entscheidung jedoch scharf kritisiert. Wann der Ausnahmezustand tatsächlich aufgehoben werden wird, gab der Militärrat jedoch bisher nicht bekannt.