Die Wahlbeteiligung an der heutigen Stichwahl in Liberia ist Beobachtern zufolge nur gering. Das könnte für die zur Wiederwahl aufgestellte Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf zum Problem werden, da bereits jetzt ihr Recht auf das Amt von der Opposition angezweifelt wird. Da diese die Stichwahl boykottiert, geht Johnson-Sirleaf als einzige Kandidatin ins Rennen, was wahrscheinlich auch der Grund für die geringe Wahlbeteiligung ist.
Die Wiederwahl ist Ellen Johnson-Sirleaf, der amtierenden Präsidentin Liberias, sicher, die zweite Amtszeit könnte sich jedoch schwierig gestalten. Aufgrund eines Boykotts der Wahlen durch die Opposition ist sie bei der heutigen Stichwahl die einzige Kandidatin. Ihr Herausforderer, Winston Tubman vom Congress for Democratic Change (CDC) hatte sich aus der Abstimmung zurückgezogen, da er der Regierung Wahlbetrug im ersten Durchgang am 11. Oktober vorwirft.
Dieser Schritt wurde national wie auch international scharf kritisiert, da auch die zahlreichen Wahlbeobachter von einer weitgehend freien und fairen Abstimmung sprechen. Dennoch hatten sich gestern mehrere hundert Anhänger der CDC in der Hauptstadt Monrovia versammelt, die den Boykott unterstützen. Als die Polizei die Versammlung auflösen wollte, kam es zu Ausschreitungen, bei denen offiziellen Angaben zufolge zwei Menschen getötet wurden – gestern war man noch von einem Opfer ausgegangen.
Ellen Johnson-Sirleaf, die erst kürzlich mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, kündigte heute, nachdem sie ihre Stimme abgegeben hatte, eine Untersuchung des Vorfalls an. Auch in Rückblick auf den 14 Jahre währenden Bürgerkrieg sagte sie, dass Liberia sich entwickeln werde und dass nur gemeinsam Wege gefunden werden können, die Wunden zu heilen.
Wahlbeobachter berichten, dass im Vergleich zum ersten Wahlgang – bei dem sich lange Schlangen vor den Wahllokalen bildeten – nur wenige Menschen zur heutigen Stichwahl kamen. Viele sehen keinen Sinn darin, für Ellen Johnson-Sirleaf zu stimmen, da ihr Sieg bereits feststehe. Die geringe Wahlbeteiligung stellt für die 2005 erstmals gewählte Präsidentin aber dennoch ein Problem dar, da sie dadurch angreifbarer wird.
Wie Winston Tubman, der früher als UN-Diplomat tätig war, sich weiter verhalten wird ist bisher unklar. Gegenüber Journalisten erklärte er heute, dass er zunächst abwarten wolle, wie sich der Boykott auswirke, bevor er weitere Schritte bekannt gebe. Im ersten Wahldurchgang hatte Tubman etwa 33 Prozent der Stimmen auf sich vereint, wohingegen Johnson-Sirleaf knapp 44 Prozent erzielte und damit die erforderlichen 50 Prozent für eine Direktwahl verfehlte.
In Reaktion auf die gewaltsamen Ausschreitungen gestern waren am heutigen Wahltag überall in Monrovia und anderen großen Städten bewaffnete Polizisten auf den Straßen präsent. Auch die Blauhelme der Vereinten Nationen, die immer noch mit etwa 8.000 Mann im Land stationiert sind, verstärkten ihre Präsenz. In der vergangenen Nacht wurden zudem zwei Radiosender, die von der Opposition kontrolliert werden, von Polizeieinheiten gestürmt und geschlossen. Heute blieb es ruhig auf den Straßen des Landes.