Südafrikanische Polizisten, die gegen etwa 3.000 streikende Minenarbeiter vorgegangen sind, haben mindestens 34 davon erschossen und 78 verletzt. Das Blutbad sorgt landesweit für Entsetzen und wirft zahlreiche Fragen auf. Die Gewerkschafter streiken seit einer Woche, während der es bereits wiederholt zu Zusammenstößen gekommen ist.
Bei den Zusammenstößen zwischen Polizisten und Minenarbeitern in der südafrikanischen Marikana-Platinmine sind mehr Arbeiter getötet worden, als bisher angenommen. Wie die Polizeichefin Riah Phiyega am Freitag bestätigte, sind 34 Menschen getötet und 78 verletzt worden. Phiyega betonte jedoch, dass die Polizisten in Notwehr gehandelt hätten, um sich vor den teilweise mit Macheten und Speeren bewaffneten Minenarbeitern zu schützen.
Bereits seit einer Woche streiken in Marikana, das etwa 100 Kilometer nordwestlich von Johannesburg gelegen ist, an die 3.000 Minenarbeiter für bessere Löhne. Begleitet wurden die Proteste von gewaltsamen Zusammenstößen zwischen verfeindeten Gewerkschaften, bei denen zehn Menschen getötet wurden. Unter den Opfern waren auch zwei Polizeibeamte.
Auf der einen Seite steht die alteingesessene National Union of Mineworkers (NUM), die enge Verbindungen zur Regierungspartei ANC unterhält. Einige Mitglieder hatten der Führung der NUM vorgeworfen, die Interessen der Basis zu vernachlässigen und stattdessen Entscheidungen von der Politik abhängig zu machen. Aus dieser Bewegung heraus entstand die Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU), die versucht die Dominanz der NUM zu brechen.
Die Umstände, die dazu führten, dass die Polizisten am Donnerstag das Feuer auf die Protestierenden eröffnete sind noch unklar. Augenzeugen berichten, dass eine Gruppe der Streikenden auf eine Polizeikette zugestürmt sein soll, woraufhin die Polizisten das Feuer eröffneten. Die AMCU wirft der Polizei nun vor ein Massaker begangen zu haben. Die Polizeichefin spricht von einem notwendigen Akt der Selbstverteidigung.
Aufgrund der gewaltsamen Zuspitzung der Lage ist das ursprüngliche Anliegen der Minenarbeiter nahezu in Vergessenheit geraten: Sie fordern eine drastische Lohnerhöhung von derzeit 4.000 – 5.000 Rand (400 – 500 Euro) auf 12.500 (1.250). Der Betreiber der Platinmine, Lonmin, hatte angedroht, alle Mitarbeiter, die bis Freitag nicht wieder zur Arbeit erscheinen, zu entlassen. Im Mai 2011 hatte Lonmin bereits 9.000 Menschen gefeuert, nachdem diese in den Streik getreten sind.
Das Unternehmen, das seinen Sitz in London hat und der global drittgrößte Platinproduzent ist (12 Prozent der gesamten Förderung), musste nun alle Minen in Südafrika vorübergehend schließen. In Südafrika finden sich 80 Prozent der weltweit bekannten Platinvorkommen. Viele Minenarbeiter werfen der Regierung seit langem vor, dass ein Großteil der Gewinne aus dem lukrativen Geschäft immer noch ins Ausland abfließt.
In allen südafrikanischen Zeitungen ist das Blutbad Topthema und viele Journalisten werfen die Frage auf, in welchem Verhältnis die Gesellschaft 18 Jahren nach dem Ende der Apartheid zum Polizeiapparat steht. Viele Kommentatoren ziehen Vergleiche zur Zeit der weißen Minderheitenherrschaft, als Proteste immer mit äußerster Polizeigewalt beantwortet wurden.