Mehr als 670.000 von den insgesamt über eine Million während der gewaltsamen Auseinandersetzung nach den Wahlen im November 2010 vertriebenen Flüchtlinge sind noch immer nicht in ihre Dörfer im Westen der Elfenbeinküste zurückgekehrt. Grund dafür ist die Angst vieler Menschen vor weiteren Repressionen durch Rebellen, die dem neuen Präsidenten Alassane Ouattara nahe stehen.
Einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge sind noch immer 670.000 Ivorer nicht in ihre Heimat zurückgekehrt aus Angst vor ethnischen Vergeltungsmaßnahmen. Nach den Wahlen in der Elfenbeinküste im November vergangenen Jahres kam es in dem westafrikanischen Land zu einem blutigen Machtkampf um das Präsidentenamt.
Laurent Gbagbo, der seine Wahlniederlage in der von internationalen Wahlbeobachtern als fair bezeichneten Abstimmung nicht anerkannte , wurde im April schließlich von Einheiten des Herausforderers Alassane Ouattara festgenommen und befindet sich seither im Norden des Landes unter Hausarrest. Während der Kämpfe wurden mindestens 3.000 Menschen getötet und über eine Million vertrieben.
Die Sicherheitslage in der Elfenbeinküste hat sich seit der Machtübernahme Ouattaras deutlich verbessert, obwohl es weiterhin unsichere Regionen gibt, in denen Rebellen, die Outtara an die Macht verholfen haben, die die Bevölkerung terrorisieren. Betroffen sind primär Zugehörige der Ethnien, denen eine Unterstützung Gbagbos nachgesagt wird. Viele Angehörige dieser Ethnien trauen sich daher nicht, in ihre Dörfer zurückzukehren.
Im Westen des Landes ist die Lage besonders gespannt. Dort geht ein Großteil der Gewalt gegen Zivilisten von dem Stamm der Dozo aus, die mit der ehemaligen Rebellenbewegung verbündet sind, welche derzeit in die nationale Armee eingegliedert wird. Viele Zehntausende Flüchtlinge bleiben aufgrund des anhaltenden Klimas der Angst jenseits der Grenze in Liberia oder verstecken sich weiterhin in den Wäldern. Die UN berichtet, dass in Teilen der westlichen Elfenbeinküste noch immer bis zu drei Viertel der Dörfer unbewohnt sind.
Amnesty International betont in seinem Bericht, dass die Akte der Gewalt von beiden Seiten ausgingen. Die Menschenrechtsorganisation betont in ihrem Bericht außerdem, dass es für ein dauerhaftes Ende der Gewaltspirale unerlässlich sei, dass allen Opfern der Gewalt Gerechtigkeit widerfahre, gleichgültig, welcher politischen Gesinnung oder ethnischen Gruppe sie angehörten.
Präsident Ouattara kündigte kurz nach dem Ende der offenen Auseinandersetzung an, dass er eine Politik der Versöhnung verfolge. Vergangenen Mittwoch rief er eine Kommission ins Leben, deren Aufgabe die Untersuchung der während der Kämpfe begangenen Verbrechen ist. In sechs Monaten sollen die Ergebnisse der Kommission vorliegen. Zudem plant Ouattara den Ex-Präsidenten Gbagbo wegen begangener Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen. Auch der Internationale Strafgerichtshof führt derzeit Voruntersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen in dem Land durch, eine ausführliche Untersuchung der schwersten Verbrechen könnte bald folgen.