Der libysche Interimspräsident Mustafa Abdel Dschalil reagierte gereizt auf die Forderungen wichtiger Persönlichkeiten aus dem Osten des Landes, dort eine teilautonome Region einzurichten. Er werde notfalls mit Gewalt für die nationale Einheit Libyens sorgen, so Dschalil. Am Dienstag hatte eine Gruppe von Entscheidungsträgern im Osten des Landes die Wahl eines Provinzrates angekündigt, der Teile der Regierung auf regionaler Ebene und unabhängig von der Staatsregierung übernehmen soll.
Seit am Dienstag eine Gruppe von hohen Persönlichkeiten im Osten Libyens im Rahmen eines Kongresses die teilweise Autonomie der Region proklamierten, herrscht Unsicherheit im Land. Der Nationale Übergangrat befürchtet eine Spaltung des Staates, nur wenige Monate nach dem Tod des ehemaligen Diktators Muammar al-Gaddafi, der Libyen Jahrzehnte lang mit eiserner Hand regierte. Mustafa Abdel Dschalil, der Präsident der Übergangsregierung, zeigte sich verärgert über die Zukunftspläne für Libyen, die im Ostteil des Landes geschmiedet werden. Er werde die nationale Einheit Libyens verteidigen, so Mustafa Abdel Dschalil am Mittwoch in Misrata.
Es ist keine völlige Separation vom Rest des Landes, was die rund 3000 Teilnehmer des Kongresses am Dienstag forderten, sondern eine Teilautonomie. Bereiche wie Erziehung, Justiz, Sicherheit und Gesundheit sollen nicht von der Regierung in der Hauptstadt Tripolis verwaltet werden, sondern von einem Provinzrat. Diese Forderung formulierten die Kongressteilnehmer in einer acht Punkte umfassenden Erklärung. Die Wahl des Provinzrates wurde ebenfalls bereits beschlossen. Sie soll bereits in zwei Wochen stattfinden. Zum Chef der Autonomiebewegung wurde Scheich Ahmed Subair al-Senussi ernannt.
Die Einführung eines föderalen Systems sei vom Volk der Region um Kyrenaika im Osten Libyens gewollt, so die Wortführer der Konferenz am Dienstag. Während der Herrschaft Gaddafis war der Osten des Landes marginalisiert, die wichtigen Entscheidungen wurden im Westen getroffen, wo die Hauptstadt Tripolis liegt. Für die Befürworter der Autonomiebewegung ist die Tatsache, dass nur 60 Plätze im neuen Parlament für Abgeordnete aus dem Osten reserviert sind, für Abgeordnete aus dem Westen jedoch über 100, ein Zeichen dafür, dass sich diese Konstellation auch unter der neuen Regierung wiederholen wird. Dem wollen sie durch ihre Forderungen entgegensetzen. Übergangspräsident Dschalil jedoch macht Anhänger des Ex-Diktators Gaddafi und dunkle Mächte für die Autonomiebestrebungen verantwortlich. Er sprach sogar von einer Verschwörung und rief die Verantwortlichen der Gruppe dazu auf, in einen Dialog mit der Übergangsregierung zu treten.