Mehrere internationale Organisationen berichten von Fällen schweren Missbrauchs und Folter in libyschen Gefängnissen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden mehrere Anhänger des Ex-Diktators Gaddafi sogar zu Tode gefoltert. Die Behörden in Libyen ignorieren die Folterberichte bislang.
Es ist drei Monate her, dass der Bürgerkrieg in Libyen beendet ist. Schon vor der Befreiung des Landes und vor dem Tod des ehemaligen Machthabers Muammar al-Gaddafi übernahm der Nationale Übergangsrat die Regierung Libyens. Dass jedoch auch nach der Ära Gaddafi schwere Menschenrechtsverletzungen in Libyen stattfinden, die offenbar von den neuen Machthabern toleriert werden, berichten nun mehrere internationale Hilfsorganisationen, die dort arbeiten.
Laut Amnesty International und den Ärzten ohne Grenzen gibt es Hinweise darauf, dass in libyschen Gefängnissen Häftlinge schwer misshandelt und gefoltert werden. Es soll sogar schon Todesfälle gegeben haben. Ehemalige Anhänger des Ex-Diktators Gaddafi sind die Opfer der Menschenrechtsverletzungen, aber auch viele Gefangene aus anderen afrikanischen Ländern gehören dazu, da sie unter einer Art Generalverdacht stehen, im Bürgerkrieg auf der Seite Gaddafis gekämpft zu haben. Mitarbeiter der beiden Organisationen selbst haben Folteropfer gesehen, unter anderem in der Hauptstadt Tripolis, in Misurata aber auch in anderen strategisch weniger bedeutsamen Städten des Landes.
Amnesty International und die Ärzte ohne Grenzen werfen den libyschen Behörden vor, die Berichte über Folter und Misshandlungen in den Haftanstalten zu ignorieren. In einem Gefangenenlager in Misurata hat die Belegschaft von Ärzte ohne Grenzen nun ihre Arbeit zur Versorgung der Häftlinge niedergelegt, aus Protest gegen diese Ignoranz. Obwohl auch Vertreter der neuen Regierung über die menschenverachtenden Vorgänge in dem Gefängnis in Kenntnis gesetzt worden waren, änderte sich nichts an den Begebenheiten. Immer wieder wurden Häftlinge mit frischen Folterspuren zu den Ärzten gebracht. Weit über 100 Patienten mit Folterspuren, die so neu waren, dass sie nachweislich während der Haftzeit zugefügt worden sein müssen, haben die Helfer nach eigenen Angaben bereits gesehen.
Grund zur Kritik am libyschen Übergangsrat geben auch die Berichte der UNO über geheime Gefangenenlager. In diesen Lagern, in denen nach Vermutungen der UNO etwa 8,5000 Häftlinge gefangen gehalten werden, könnten die Menschenrechtsverletzungen noch grausamer sein, als in den offiziellen Einrichtungen.