Kenia: Vertrieben für den Tourismus

kenia.gif 3000 Familien der indigenen Volksgruppe der Samburu wurden in den vergangenen drei Jahren aus ihren Dörfern im Norden Kenias zum Teil gewaltsam vertrieben. Grund ist der Plan zweier Umweltschutzorganisationen, auf dem Gebiet einen Naturschutzpark einzurichten. Dieser soll die dort lebenden seltenen Tierarten schützen und den Tourismus ankurbeln. Die Samburu, die seit Jahrhunderten auf diesem Gebiet leben, standen diesen Plänen offenbar im Wege.

Der Tourismus ist ein wichtiger Zweig der kenianischen Wirtschaft, in den zu investieren grundsätzlich eine gute Sache ist. Ganz besonders die Naturschutzgebiete erfreuen sich als Reiseziele bei Touristen aus aller Welt großer Beliebtheit. Der Schutz von Flora und Fauna ist ohne Frage ebenfalls ein erstrebenswertes Ziel. Doch was, wenn all diese an sich so positiven Bestrebungen auf dem Rücken der heimischen Bevölkerungsgruppen ausgetragen werden? So geschehen im Laikipia-Distrikt im Norden Kenias, das seit Jahrhunderten traditionelles Gebiet der Samburu ist.

Zwei Umweltschutzorganisationen – die US-basierte Organisation „The Nature Conservancy“ (TNC) und die „African Wildlife Foundation“ (AWF) – kauften für 1,5 Millionen Euro ein Gebiet von rund 70 Quadratkilometern, in dem die Samburu seit Generationen leben, um dort einen Naturschutzpark einzurichten. Offizieller Besitzer dieses Gebietes war bis dahin der ehemalige Präsident des Landes, Daniel arap Moi. Nach dem Verkauf des Landes wurden die Samburu zum Teil gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben. Wie die Menschenrechtsorganisation „Survival International“ berichtet, wurden ganze Dörfer niedergebrannt, Tiere entwendet oder getötet und die Bewohner der Dörfer tätlich angegriffen. Ein Samburu-Ältester soll nach Angaben der Organisation sogar erschossen worden sein. Auch von Vergewaltigungen ist die Rede. Die Menschen leben in ständiger Angst vor neuen Übergriffen.

Bereits im Jahr 2008 begannen die gezielten Attacken gegen die in dem betreffenden Gebiet ansässige indigene Volksgruppe der Samburu. Von der Vertreibung betroffen sind inzwischen rund 3000 Familien. 1000 Familien wurden gezwungen, das Gebiet gänzlich zu verlassen. Die übrigen 2000 Familien leben am Rande des Gebietes in notdürftig zusammengebauten Hütten. Heute lebt kein einziger Samburu mehr dort, alle wurden vertrieben, so berichtete ein Sprecher der Samburu der Organisation „Survival International“.

Das traditionelle Land der Samburu im Laikipia-Distrikt wurde von der AWF inzwischen an die kenianische Regierung gespendet. Ein Gerichtsverfahren, das die aus ihrer Heimat vertriebenen gegen die AWF sowie den ehemaligen Präsidenten arap Moi anstrengten, blieb bis auf eine weitgehend ignorierte gerichtliche Verfügung, die Gewalt gegen die Samburu zu beenden, bisher ohne Erfolg. Survival International hat nun in einem Brief die Vereinten Nationen aufgefordert, die Samburu zu unterstützen.

Sowohl Kenias Minister für Wald und Tiere als auch die AWF bestehen auf ihrem Standpunkt, der geplante Naturschutzpark sei ein großer Gewinn für den Tourismus und damit die Wirtschaft des Landes. Einigkeit herrscht auch darüber, dass man die vielen seltenen Tierarten in dem betreffenden Gebiet schützen muss. Die Tatsache, dass für diese Ziele Menschen mit Gewalt aus ihren Dörfern vertrieben und ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden, scheint nicht auf dem Programm der oben genannten Verantwortlichen aufzutauchen.