In der Elfenbeinküste hat die offizielle Wahlkommission das vorläufige Endergebnis der Präsidentenwahl verkündet. Demnach gewinnt der Herausforderer Alassane Ouattara mit 54 Prozent der Stimmen. Der Verfassungsrat hat jedoch die Stimmen aus einigen Wahlbezirken annulliert und den amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo mit 51 Prozent der Stimmen zum Wahlsieger erklärt. Die Vereinten Nationen, die mit Blauhelmen im Land vertreten sind, erklärten die Annullierung für nichtig und üben Druck auf die Regierung aus, das Wahlergebnis anzuerkennen. Die gespannte Stimmung im Land droht wieder in offene Gewalt umzuschlagen.
In der Elfenbeinküste überschlagen sich zur Zeit die Ereignisse und die Fronten, die seit dem Bürgerkrieg 2002/03 bestehen, verhärten sich besorgniserregend. Seit nunmehr acht Jahren ist das Land politisch, kulturell und administrativ zwischen dem Norden – der zum Teil noch von den Rebellen kontrolliert wird – und dem Süden getrennt. Diese Trennung sollte durch die mehrmals verschobene und am vergangenen Sonntag schließlich durchgeführte Präsidentenwahl überwunden werden. In der Stichwahl lieferten sich der amtierende Präsident Laurent Gbagbo und der Oppositionsführer Alassane Ouattara aus dem Norden ein Kopf an Kopf Rennen.
Am Mittwoch sollte die Wahlkommission das mit Spannung erwartete Ergebnis verkünden, konnte ein vorläufiges Endergebnis jedoch erst am Donnerstagabend präsentieren. Das staatliche Fernsehen strahlte die Veröffentlichung jedoch nicht aus, die internationale Berichterstattung wurde unterbrochen und das Militär schloss noch am Abend die Grenzen.
- Das Endergebnis der Wahlkommission: Der Herausforderer Alassana Ouattara erhält 54,1 % der Stimmen, der amtierende Präsident Laurent Gbagbo 45,9 %.
Kurz darauf meldete sich der Verfassungsrat über das Staatsfernsehen zu Wort. Der Verfassungsrat muss das Wahlergebnis anerkennen, damit es gültig wird. Der Vorsitzende dieses Gremiums, Paul Yao N’Dre, ein enger Parteifreund des amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo, kippte das vorläufige Endergebnis der Wahlkommission und erklärte Gbagbo zum wiedergewählten Präsidenten der Elfenbeinküste, indem die Stimmen aus sieben nördlichen Wahlbezirken annulierte. In den annulierten Wahlbezirken hat Ouattara eine sehr große Anhängerschaft, nach Meinung des Verfassungsrates kam es in diesen Regionen jedoch zu Wahlbetrug. Außerdem erklärte Yao N’Dre, dass das Ergebnis der Wahlkommission hinfällig sei, da es nicht fristgerecht veröffentlicht wurde.
- Demnach ergibt sich laut dem Verfassungsrat folgendes Wahlergebnis: Laurent Gbagbo 51,1 % der Stimmen, Alassane Ouattara 48,9 % und sieben annulierte Wahlbezirke.
Die Vereinten Nationen, die mit etwa 10.000 Blauhelmsoldaten im Land stationiert sind beurteilten den Verlauf der Wahl als friedlich, trotz vereinzelter Ausschreitungen im Westen und Norden des Landes. Die Afrikanische Union (AU) teilt diese Einschätzung. Im Friedensvertrag, der nach dem Bürgerkrieg 2003 ausgehandelt wurde, ist festgelegt, dass auch der Leiter der UN-Mission in der Elfenbeinküste (UNOCI), Y. J. Choi, das Wahlergebnis unterzeichnen muss.
Choi erklärte nun, dass das ursprüngliche, von der Wahlkommission verkündete Wahlergebniss trotz Berücksichtigung aller Einwände Bestand habe und deshalb Alassane Ouattara der Sieger der Wahl ist. Auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Ban Ki Moon, der UN Sicherheitsrat und die AU halten am vorläufigen Endergebnis fest und stärken somit Ouattara den Rücken. Diese klare Positionierung wirft nun die Frage auf, wie die Friedenstruppen der UN und die Polizei im Land sich verhalten, sollte der amtierende Präsident an der Macht festhalten.
Bereits kurz bevor der Verfassungsrat das Ergebnis der Wahl annulierte, warnten Anhänger des Oppositionskandidaten Ouattara vor den Konsequenzen eines solchen Schrittes. Sie erklärten, dass ein solches Vorgehen des Verfassungsrates die Spaltung des Landes zementieren würde und in der Konsequenz zu einem erneuten Ausbrechen des Bürgerkriegs führen könnte. Seit der Stichwahl patrouillieren die Soldaten der UN und das Militär auf den Straßen der Städte und nachts herrscht Ausgangssperre. Dennoch wurden in den letzten Tagen mindestens 16 Menschen bei Ausschreitungen erschossen.
Ob es der internationalen und insbesondere der afrikanischen Gemeinschaft gelingen wird, ausreichend Druck auf die Regierung der Elfenbeinküste auszuüben, dass diese das Wahlergebnis akzeptiert, oder ob Laurent Gbagbo an der Macht festhält lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Die instabile Situation kann jedoch schnell wieder in offene Gewalt umschlagen und zu einem erneuten Ausbrechen des Bürgerkriegs führen. Klar ist im Moment nur die Position der Bevölkerung: Die ist kriegsmüde und sehnt sich nach Demokratie und Frieden, was sich unter anderem auch an der Wahlbeteiligung von über 80 Prozent zeigt.