Bereits seit über einer Woche protestieren junge Menschen in verschiedenen Städten Tunesiens gegen Armut, Arbeitslosigkeit und Korruption in ihrem Land. Das harte Durchgreifen der Polizei forderte bereits mindestens ein Menschenleben. Zwei junge Männer begingen Selbstmord, um auf die sozialen Missstände und vor allem die Perspektivlosigkeit der Jugend in Tunesien aufmerksam zu machen. Ein Ende der Protestbewegung ist bisher nicht absehbar.
Die Protestwelle in Tunesien scheint auch kurz vor dem Jahreswechsel kein Ende zu nehmen. Neben der Hauptstadt Tunis gibt es seit vergangener Woche auch in zahlreichen weiteren Städten des Landes Demonstrationen, an denen sich vor allem junge Universitätsabsolventen beteiligen. Durch ihren Protest wollen sie auf die gesellschaftlichen Missstände und die hohe Arbeitslosigkeit aufmerksam machen, von der junge Menschen mit einem Hochschulabschluss in Tunesien ganz besonders stark betroffen sind.
In Tunis reagierte die staatliche Polizei mit rigorosen Maßnahmen auf die Versammlungen. Mit Schlagstöcken trieben sie die Menschen auseinander, mit der Folge, dass zahlreiche Verletzte zu beklagen waren. Noch härter gingen die Gesetzeshüter in der kleinen Stadt Menzel Bouzayane, etwa 250 km südlich der Hauptstadt, vor. Sie nahmen Gebrauch von Schusswaffen, um die Protestbewegung aufzulösen, wobei ein junger Mann tödlich von einer Kugel getroffen wurde.
Die Stadt Menzel Bouzayane gilt als das Zentrum der Demonstrationen. Bereits vor mehreren Tagen wurde dort der Ausnahmezustand ausgerufen. Nur noch wenige Nachrichten aus Menzel Bouzayane dringen seither nach außen. Bekannt ist aber, dass Demonstrierende Parteigebäude und Polizeiwachen überfallen und zum Teil in Brandt gesetzt haben. Auch auf den Straßen der Stadt herrscht Chaos. Brennende Autos gehören seit einigen Tagen zum Stadtbild von Menzel Bouzayane. Das drastische Durchgreifen der Polizei führte nicht zu einer Entspannung der Lage, sondern bewegte eher gegenteiliges.
Tunesiens Präsident, Zine al-Abidine Ben Ali, verurteilte in den Medien die öffentlichen Proteste der Bevölkerung. Er drohte den Demonstranten mit Verhaftung und Bestrafung. Des Weiteren argumentierte das Staatsoberhaupt von Tunesien damit, dass sich die Protestanten durch ihre Aktionen ausschließlich ins eigene Fleisch schneiden würden. Denn die gewaltsamen Demonstrationen würden negative Auswirkungen auf den Tourismus nach sich ziehen, was wiederum zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen würde.
Wie ernst es den jungen Menschen in Tunesien ist, vor der Weltöffentlichkeit auf die Armut, die Korruption und die sozialen Missstände in ihrem Land hinzuweisen, zeigen nicht zuletzt zwei Selbstmorde, die sich Ende vergangener Woche ereigneten. Wie durch die tunesische Menschenrechtsorganisation „Tunisian League for the Defence of Human Rights“ bekannt wurde, verbrannte sich ein junger Mann aus Protest auf offener Straße selbst, ein weiterer tötete sich durch einen Stromschlag. Durch ihren Freitod werden die Männer von der Protestbewegung als Märtyrer gefeiert.
Die Menschen in Tunesien fordern von ihrer Regierung Lösungen für die Probleme im Land. Gestern ernannte Präsident Zine al-Abidine Ben Ali einen neuen Minister für Jugend und Sport. Ob dies ausreicht, um die Unruhen in Tunesien zu beenden, wird sich zeigen müssen.