Der langwierige Prozess gegen Liberias Ex-Präsidenten Charles Taylor in Den Haag steht kurz vor seinem Abschluss. Dem 63-jährigen wird die Unterstützung des blutigen Bürgerkrieges in Sierra Leone vorgeworfen, unter anderem durch die Versorgung der Rebellen mit Waffen, die er sich mit sogenannten Blutdiamanten bezahlen ließ. Unstimmigkeiten zwischen Taylors Verteidiger und dem Gericht sorgten gestern unerwartet für eine Verzögerung des Prozesses.
Charles Taylor, der ehemalige Präsident von Liberia, muss sich seit Juni 2007 vor dem Sondergerichtshof für Sierra Leone in Den Haag für zahlreiche Kriegsverbrechen verantworten. Die Anklage umfasst insgesamt elf Punkte. Neben Mord, Anstiftung zum Mord und Vergewaltigung wird Taylor auch die Rekrutierung von Kindersoldaten vorgeworfen, die im Bürgerkrieg in Sierra Leone eine zentrale Rolle einnahmen.
Großes mediales Interesse erlangte der sogenannte Blutdiamantenprozess im August vergangenen Jahres, als das US-Topmodel Naomi Campbell vor dem Gericht aussagte. Nun befindet sich der Prozess gegen Taylor in der Schlussphase. Unstimmigkeiten zwischen Taylors Anwalt Courtenay Griffiths und den vorsitzenden Richtern führte zu Beginn der Woche allerdings zu einer Vertagung des Schlussplädoyers der Verteidigung. Statt am Mittwoch soll es nun am kommenden Freitag vor Gericht vorgetragen werden.
Der Anwalt Taylors zeigte sich erzürnt darüber, dass ein von ihm verspätet eingereichtes Dokument von den Richtern nicht mehr für den Prozess anerkannt wurde. Fast drei Wochen nach dem Stichtag reichte er ein Schriftstück beim Gericht ein, welches belegen soll, dass die Regierungen der USA und Großbritanniens aktiv in den Verlauf des Verfahrens gegen Taylor eingegriffen haben. Gestützt sind diese Behauptungen offenbar durch Dokumente, die von der Internetplattform Wikileaks veröffentlicht wurden.
Nach dem Eklat im Gerichtssaal verließ Griffiths das Gebäude und auch Taylor weigerte sich im Anschluss, weiter am Prozess teilzunehmen, bis die Debatte um das fragliche Dokument geklärt sei. Das Gericht beschied die Fortsetzung des Verhandlungsverlaufes in Abwesenheit des Angeklagten, da dieser sich bewusst gegen eine weitere Teilnahme entschieden habe.
Im Schlussplädoyer der Anklage am Dienstag forderte deren Vorsitzende Brenda Hollis das Gericht auf, den Ex-Präsidenten Taylor in allen Anklagepunkten schuldig zu sprechen. Er sei verantwortlich für unzählige grausame Verbrechen, die die Rebellenbewegung Revolutionäre Vereinigte Front (RUF) mit seiner Unterstützung während des Bürgerkrieges in Sierra Leone begangen habe. Die Unterstützung verlief unter anderem anhand von Waffenlieferungen im großen Stil, die sich Taylor mit Blutdiamanten bezahlen ließ.
Ob der Prozess wie geplant am Freitag fortgesetzt werden wird ist bisher nicht geklärt. Den neuesten Medienberichten zufolge hat Taylors Anwalt angekündigt, auch zu diesem Termin nicht mit seinem Mandanten zu erscheinen.