Einen Tag vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Liberia ist es zu Ausschreitungen zwischen Anhängern der Oppositionspartei CDC und der Polizei gekommen, bei denen ein Mensch getötet wurde. Winston Tubman, der für die CDC angetreten ist, kündigte zuvor an, an der Stichwahl am morgigen Dienstag nicht teilzunehmen und das Ergebnis zu boykottieren. Grund hierfür ist angeblicher Wahlbetrug während des ersten Wahldurchgangs.
Mehrere hundert Anhänger der liberianischen Oppositionspartei Congress for Democratic Change (CDC) haben sich heute in der Hauptstadt Monrovia vor der Parteizentrale versammelt, um zum Boykott der für Dienstag angesetzten Stichwahl aufzurufen. Als die Polizei die Straße sperrte und einen Protestzug zu verhindern suchte, kam es zu Auseinandersetzungen. Die Polizei ging mit Tränengas gegen Steinewerfer vor und ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass mindestens eine Person getötet wurde.
Im Vorfeld der Proteste hatte der Präsidentschaftskandidat der CDC, Winston Tubman, angekündigt, nicht an der Stichwahl teilzunehmen und das Ergebnis nicht anzuerkennen. Als Begründung für diesen Schritt führte Tubman, der unter Kofi Annan als UN-Diplomat tätig war, an, dass es im ersten Wahldurchgang zu Wahlbetrug gekommen sei.
Im ersten Wahldurchgang am 11. Oktober hatte die amtierende Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf knapp 44 Prozent der Stimmen erhalten, Tubman etwa 33 Prozent. Der drittplatzierte Prinz Johnson, ein ehemaliger Rebellenführer, kündigte nach der Abstimmung an, bei der Stichwahl die seit 2005 regierende Präsidentin zu unterstützen – ein Sieg Johnson-Sirleafs ist deshalb sehr wahrscheinlich.
Ein Scheitern der ersten von Liberia selbstständig organisierten Wahlen seit dem Bürgerkrieg und ein erneuter Ausbruch der Gewalt wären ein fatales Zeichen für alle Investoren, die gespannt auf den Ausgang der Abstimmung warten. Die vergangenen Wahlen 2005, mit denen der 2003 zu Ende gegangene, über 14 Jahre andauernde und blutig geführte Bürgerkrieg zu einem endgültigen Abschluss gebracht werden sollte, waren von der im Land stationierten Friedensmission der Vereinten Nationen organisiert worden.
Winston Tubman steht erntete für den Vorwurf des Wahlbetrugs und seinen daraus resultierenden Rückzug aus der Stichwahl deutliche Kritik von vielen Seiten. Die nationale Wahlkommission bestritt die Vorwürfe umgehend. Auch die Vereinten Nationen, die USA, die EU, die Afrikanische Union und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), die alle mit einer eigenen Wahlbeobachtungsmission in Liberia präsent sind, bestätigten die Vorwürfe nicht und kritisierten Tubmans Entscheidung die Stichwahl zu boykottieren.