Die gemäßigten Islamisten der Ennahda Partei haben sich zum Sieger der Wahlen in Tunesien ernannt. Sie berufen sich dabei auf eine parteiinterne, inoffizielle Auswertung der Stimmen – das offizielle Wahlergebnis wird erst im Laufe des Abends erwartet. Abstimmen konnte die tunesische Bevölkerung über die Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung. Die Wahlbeteiligung lag bei stolzen 90 Prozent.
Die gemäßigten Islamisten der Ennahda Partei gehen als Sieger aus der ersten demokratischen Wahl in Tunesien seit dem Ende des Umsturzes Anfang des Jahres hervor. Obwohl es noch kein offizielles Wahlergebnis gibt, hat sich die Ennahda Partei zum Wahlsieger erklärt und beruft sich auf eine eigene, inoffizielle Auszählung – aber auch das eigentliche Wahlergebnis, das am Dienstagabend verkündet werden soll, scheint ersten Hochrechnungen zufolge den Sieg zu bestätigen.
Die Partei, die von Rachid Ghannouchi geführt wird, war während der Regierungszeit des gestürzten Diktators Ben Ali verboten, hat es aber in den vergangenen zehn Monaten geschafft, mit einer breit angelegten Kampagne eine Mehrheit der Bevölkerung von sich zu überzeugen.
Kritiker der Ennahda werfen der Partei vor, dass hinter der liberalen Fassade die Strippen von islamistischen Hardliner gezogen werden und schüren damit – bisher unbegründet – die Angst vor einem religiös-fanatischen Regime. Der Parteiführer Rachid Ghannouchi hingegen wird nicht müde, zu wiederholen, dass seine Partei der tunesischen Bevölkerung keinerlei Moralkodex auferlegen wird. Auch für die Millionen westlichen Touristen, die jedes Jahr nach Tunesien reisen, soll sich nichts ändern.
Das Ergebnis der gemäßigten Islamisten wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht für eine absolute Mehrheit reichen, weshalb die Partei ein Koalition mit säkular ausgerichteten Parteien anstrebt, um auch damit weiter die Ängste der kritischen Stimmen zu minimieren. Hochrangige Mitglieder der Ennahda teilten mit, dass sie eine Koalition mit der säuklar ausgerichteten Partei Congress for the Republic und der linksgerichteten Ettakatol Partei bevorzugen würden. Ziel ist die Bildung einer breiten Koalition, die einen adäquaten Übergang zu einer regulären Regierung ermöglicht.
Die jetzige Wahl entscheidet über die 217 Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung, deren Aufgabe auch die Ernennung eines Übergangspräsidenten und einer -regierung ist. Die Wahlbeteiligung lag bei überragenden 90 Prozent und auch nicht registrierten Wählern war es möglich, nach Vorlage eines Ausweises, abzustimmen. Mehr als 100 verschiedene Parteien hatten sich für die Wahl registriert.