Übergangsregierung in Tunesien bringt kein Ende der Unruhen

tunesien.gifDrei Tage nach der Flucht des tunesischen Präsidenten ins Exil wurde der Öffentlichkeit heute Nachmittag die Übergangsregierung vorgestellt. Viele Menschen in Tunesien zeigten sich unzufrieden über das Ergebnis, da die wichtigsten Ministerposten auch weiterhin von Mitgliedern der verhassten Regierungspartei bekleidet werden. In  der Hauptstadt Tunis kam es erneut zu Ausschreitungen. Die Demonstranten fordern die komplette Auflösung der Partei Ben Alis.

Der verhasste Präsident Tunesiens Ben Ali ist seit drei Tagen von der Bildfläche verschwunden, nicht so aber seine Anhängerschaft. Der Ministerpräsident Tunesiens, Mohamed Ghannouchi, an den Ben Ali vor seiner Flucht die Führung des Landes abgegeben hatte, gab heute die Mitglieder der Übergangsregierung bekannt, die bis zu den Neuwahlen in zwei Monaten das Land unter Kontrolle halten sollen. Ob das ein Ende der Krawalle in Tunesien bedeutet ist allerdings fraglich.

Die oppositionellen Parteien wurden zwar in der Wahl für die Ministerposten berücksichtigt, die wichtigsten Ämter bleiben aber in den Händen der RCD. Die Minister für Verteidigung, Außen- und Innenpolitik sowie der Finanzminister werden weiterhin von der Regierungspartei gestellt. Im Vergleich dazu eher marginale Ministerämter, wie unter anderem für den Bereich regionale Entwicklung, wurden an führende Mitglieder der Oppositionsparteien abgegeben.

Aus Tunesien wurden auch heute wieder Proteste gemeldet, die sich gegen diese Übergangsregierung richteten. Die Menschen forderten in Tunis und in zwei weiteren Städten im Westen des Landes die Auflösung der Regierungspartei „Rassemblement Constitutionnel Démocratique“ (RCD). Sie wollen eine neue politische Struktur und keine erneute Unterdrückung durch bekannte Gesichter in der Führungsriege, die den Kurs Ben Alis weiterführen. Die heutigen Demonstrationen liefen Presseberichten zufolge allerdings weniger gewalttätig ab als in den vergangenen Tagen, auch wenn es wieder vereinzelt Zusammenstöße zwischen Protestanten und Polizei gab.

Anders als ein Teil der Bevölkerung, der die Proteste offensichtlich fortführen will, zeigen sich laut der FAZ Stimmen aus den Oppositionsparteien zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen um die Übergangsregierung. Demnach bezeichnete ein Mitglied der Oppositionspartei Ettajdid die Zusammenarbeit mit dem alten Regime als notwendigen Kompromiss, da deren Kenntnisse einen wichtigen Beitrag für das Regierungsgeschäft leisten werden. Auch seien die Minister aus der RCD-Partei, die in die Übergangsregierung aufgenommen wurden, nicht mit den verbrecherischen Machenschaften Ben Alis und seiner Brigade in Verbindung zu bringen.

Missstimmung gibt es von Seiten der Opposition vor allem bezüglich des Termins für die Neuwahlen, die laut tunesischer Verfassung bereits in zwei Monaten stattfinden sollen. Dieser Zeitraum sei zu kurz, um einen transparenten und demokratischen Ablauf der Wahl zu garantieren. Die Oppositionsparteien, die unter der diktatorischen Herrschaft Ben Alis nur äußerst eingeschränkt agieren konnten, müssen sich als Parteien zunächst neu behaupten. Geklärt werden muss außerdem noch die Frage, ob die unter Ben Ali verbotenen Parteien wieder legalisiert werden sollen.