Im Südsudan hat das Referendum über die Unabhängigkeit vom Norden des Landes begonnen. Auch am zweiten Tag bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen und die Menschen drängen darauf, über ihre Zukunft zu entscheiden. Allerdings kam es auch heute wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in der ölreichen Abyei-Region, deren Verbleib noch nicht geklärt ist. Mindestens 23 Menschen wurden dabei getötet.
Am gestrigen Sonntag, dem 09. Januar 2011, haben im Süden des Sudan die Wahllokale ihre Tore geöffnet und die Menschen sind massenweise erschienen, um über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden. Das Referendum entscheidet darüber, ob der Südsudan zur jüngsten Nation der Welt wird oder Teil des heutigen Sudan bleibt.
Die Wahllokale werden insgesamt sieben Tage lang geöffnet bleiben, da viele Menschen einen langen Weg zu den Wahlstationen zurücklegen müssen und der Andrang enorm ist. Auch am zweiten Tag der Abstimmung bildeten sich bereits am frühen Morgen lange Schlangen vor den Abstimmungsräumen und viele der Wartenden berichten, dass sie bereits gestern vergeblich versucht haben, ihre Stimme abzugeben. Aufgrund der Größe des Gebiets und der schlechten Verkehrsinfrastruktur wird erst in einem Monat mit einem endgültigen Ergebnis des Referendums gerechnet.
Mindestens 60 Prozent der Südsudanesen müssen der Unabhängigkeit zustimmen, damit ein neuer Staat ausgerufen wird, was allgemein erwartet wird. Reporter der BBC vor Ort berichten, dass sie noch keinen Südsudanesen getroffen haben, der für die Einheit mit dem Norden stimmen wird. Bei den Wählern ist allerdings die Angst groß, dass der Norden trotz gegenteiliger Versicherungen versuchen wird, die Abspaltung des Südens zu verhindern.
Omar al-Bashir, der Präsident des Sudan, kündigte an, den Ausgang des Referendums zu respektieren, merkte jedoch zugleich an, dass er den Südsudan allein nicht für überlebensfähig halte. Seit 1959 herrschte im Sudan fast durchgehend Krieg zwischen dem Norden und dem Süden und die südlichen Landesteile gehören zu den am wenigsten entwickelten Gebieten weltweit. Omar al-Bashir bezweifelt deshalb, dass sich im Süden eine stabile staatliche Autorität etabliert, die auch die Bevölkerung versorgen kann.
Ein weiterer ungeklärter Zankapfel ist die ölreiche Abyei-Region, deren Verbleib bislang nicht geklärt ist. Dort kam es in den letzten Tagen wiederholt zu Feuergefechten, wobei allein heute 23 Menschen getötet wurden. Ursprünglich sollten die Menschen in der Region gestern darüber abstimmen, ob sie sich dem Norden oder dem Süden anschließen wollen, die Wahl kam jedoch nicht zustande, da sich die Verantwortlichen nicht über einen Ablauf einigen konnten.
Trotz der Gewalt und der vielen ungeklärten Fragen zeigen sich viele Menschen im Süden enthusiastisch darüber, endlich einen eigenen Staat gründen zu können, auch wenn die Grenzziehung noch nicht eindeutig geklärt ist. Einen Namen für das Land gibt es auch noch nicht, aber dafür eine erste Nationalhymne und das Gefühl, endlich den Krieg hinter sich lassen zu können und einen Neuanfang zu wagen.