Senegal: IGH fordert Auslieferung von Tschads Ex-Präsident

senegal.gifDer Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen (IGH) hat in einem Urteil den Senegal dazu aufgefordert, die Strafverfolgung gegen den Ex-Präsidenten des Tschad, Hissene Habre, voranzutreiben. Der IGH stellte das westafrikanische Land vor die Wahl, Habre entweder an Belgien auszuliefern oder zeitnah einen Strafprozess anzustreben.

Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen (IGH) hat den Senegal aufgefordert, den Ex-Präsidenten des Tschad, Hissene Habre, entweder anzuklagen oder an Belgien auszuliefern. Habre wird vorgeworfen, während seiner Amtszeit im zentralafrikanischen Tschad, Oppositionelle gefoltert und getötet zu haben.

Der IGH in Den Haag, unter der Leitung des Präsidenten Peter Tomka, warf dem Senegal Versäumnisse bei der Strafverfolgung des Ex-Präsidenten vor. Tomka forderte, dass der westafrikanische Staat „ohne weitere Verzögerung“ den Fall im Einklang mit der internationalen Strafgesetzgebung zu einem Abschluss bringen müsse.

Hissene Habre war 1982 im Tschad an die Macht gekommen – angeblich mit der Unterstützung der CIA, weshalb er auf den Beinamen „Pinochet Afrikas“ erhielt. Während seiner achtjährigen Herrschaft, bis zu seinem Sturz im Jahr 1990, soll der heute 70-jährige für die Folterung und Tötung von bis zu 40.000 Menschen verantwortlich gewesen sein. Menschenrechtsorganisationen und Opfervereinigungen fordern seitdem die Anklage des Ex-Präsidenten.

Dieser floh nach seiner Entmachtung umgehend in den Senegal, wo er seitdem vergleichsweise unbehelligt lebt und erst 2005 unter Hausarrest gestellt wurde. Cheikh Tidiana Thiam, der Chef der Rechtsabteilung des senegalesischen Außenministeriums, kündigte nun an, dass das Land noch dieses Jahr einen Prozess gegen Habre anstrebt.

Das Urteil des IGH ruft klar in Erinnerung, dass die Antifolterkonvention der Vereinten Nationen, die auch der Senegal unterzeichnet hat, nicht nur eine leere Hülle ist, sondern durchaus ernst zu nehmen ist, so Reed Brody, ein Anwalt der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Das Urteil des Internationalen Gerichtshof hat über den Senegal hinaus noch weitreichende Bedeutung, da es allen 150 Unterzeichnern der Konvention das Recht gibt, die Strafverfolgung von Folterverdächtigen einzufordern. Diese Regelung gilt demnach auch, wenn der Verdächtige sich in einem anderen Mitgliedsland der Antifolterkonvention aufhält und der Staat, welcher die Strafverfolgung einfordert, nicht direkt in den Vorfall verstrickt ist.

Nach Meinung des Menschenrechtsanwalts Broody könnte das Urteil deshalb auch Auswirkungen auf andere entmachtete Staatschefs haben, die im Exil leben und denen Folter zur Last gelegt wird. Betroffen hiervon wäre beispielsweise auch der tunesische Ex-Präsident Zine al-Abidine Ben Ali, der seit der Revolution in Tunesien im Exil in Saudi Arabien lebt.