Gemäßigte Islamisten gewinnen Wahl in Marokko

marrokko.gif Zwar nicht mit einer absoluten Mehrheit, aber dennoch als klarer Sieger, ging die gemäßigte islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PjD) aus den vorgezogenen Parlamentswahlen in Marokko hervor. Die Wahlbeteiligung war mit weniger als 50 % der Wahlberechtigten relativ gering. Die Demokratiebewegung und andere Gruppierungen hatten vor der Wahl zum Boykott aufgerufen.

Die gemäßigte islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PjD) ist der Gewinner der Parlamentswahlen in Marokko. Das gab das Innenministerium des Landes am Sonntagabend in der Hauptstadt Rabat bekannt. Die Partei erhielt 107 der insgesamt 395 Sitze im neu gewählten Parlament. Eine absolute Mehrheit hat die ehemalige Oppositionspartei PjD damit nicht erreicht. Der Parteichef Abdelilah Benkirane kündigte bereits Koalitionsgespräche mit den früheren Regierungsparteien an. Dazu gehören die konservativ-nationalistische Unabhängigkeitspartei Istiqlal, die als zweitstärkste Partei aus den Wahlen hervorging, sowie die sozialdemokratische Partei USFP.

Hat die PjD einst ein Alkoholverbot und eine traditionell islamische Kleiderordnung für die Frauen gefordert, standen soziale Themen im Mittelpunkt des Wahlkampfes für die Parlamentswahlen. Die Partei versprach unter anderem, sich für eine größere soziale Gerechtigkeit einzusetzen, die Korruption zu bekämpfen und gegen die Arbeitslosigkeit und die Wohnungsknappheit im Land vorzugehen. Mit diesem Wahlprogramm hat die Partei richtig gelegen, wie das Ergebnis der Abstimmung deutlich zeigt.

Nach der unlängst durchgeführten Verfassungsänderung wird der Ministerpräsident aus der stärksten Partei im Parlament ausgewählt werden. Damit wird erstmals in der Geschichte des Landes ein gemäßigter Islamist dieses Amt bekleiden. Benannt wird der Ministerpräsident weiterhin von König Mohammed IV. Parteichef Abdelilah Benkirane soll Medienberichten zufolge bereits eine Einladung in den Palast des Monarchen erhalten haben.

Die Beteiligung der Bevölkerung Marokkos an den Parlamentswahlen war mit 45 % der Wahlberechtigten relativ gering. An der Abstimmung über die Verfassungsänderung in diesem Sommer hatten sich immerhin knapp drei Viertel der wahlberechtigten Bevölkerung beteiligt. Ein Grund für die niedrige Wahlbeteiligung sind wohl die zahlreichen Boykottaufrufe diverser Gruppierungen, darunter die Protestbewegung des 20. Februar sowie radikale Islamisten.

Vor allem der Demokratiebewegung in Marokko gehen die Zugeständnisse des Monarchen nicht weit genug. Um eine Revolution nach den Vorbildern Tunesiens oder Ägyptens zu verhindern, reagierte Marokkos König frühzeitig auf erste Proteste. Er beschloss eine Änderung der Verfassung und zog die Parlamentswahlen vor. Die neue Verfassung schränkt die Macht des Monarchen zwar ein und vergrößert die Macht des Parlaments, der König selbst bleibt jedoch in allen nationalen Fragen die letzte Entscheidungsinstanz.