Libyen: Ein fairer Prozess für Ex-Geheimdienstchef Senussi?

libyen1.gif Nach sechs Monaten Haft in Mauretanien wurde der Ex-Geheimdienstchef Libyens in dieser Woche in seine Heimat ausgeliefert. Hier erwartet Abdullah Senussi, der für zahlreiche grausame Verbrechen verantwortlich sein soll, seinen Prozess. Menschenrechtsorganisationen riefen die Regierung in Libyen auf, dem 63-jährigen einen fairen Prozess zu ermöglichen.

Abdullah Senussi war Geheimdienstchef unter dem libyschen Diktator Gaddafi. Er ist ein Kriegsverbrecher und für grausame Massaker an der libyschen Bevölkerung verantwortlich. Seinen Spitznamen „Der Schlachter“ hat Senussi nicht ohne Grund bekommen. Der 63-jährige soll nicht nur maßgeblich an den Gräueltaten an der Zivilbevölkerung während des Aufstandes gegen das Gaddafi-Regime beteiligt gewesen sein. Als enger Vertrauter des Diktators war Senussi immer wieder an blutigen Verbrechen beteiligt, wie der Erschießung von 1200 politischen Häftlingen im Jahr 1996.

Nach dem Sturz Gaddafis wurde Senussi auf seiner Flucht nach Mauretanien von den dortigen Behörden festgenommen. Die Regierung in Nouakchott hat den Kriegsverbrecher nach sechs Monaten Haft in Mauretanien in sein Heimatland ausliefern lassen. Seit Mittwoch sitzt er in der Hauptstadt Tripolis hinter Gittern. Ein Sprecher der libyschen Justiz bestätigte, dass Senussi medizinisch untersucht worden und in guter gesundheitlicher Verfassung sei. Die Staatsanwaltschaft wolle nun so schnell wie möglich damit beginnen, den Ex-Geheimdienstchef zu verhören.

Internationale Menschenrechtsgruppen riefen die Behörden in Libyen dazu auf, Senussi einen fairen Prozess zu ermöglichen. Es sei an der neuen Regierung zu zeigen, dass in Libyen nun andere Verhältnisse herrschen als während der Ära Gaddafis, sagte eine Sprecherin von Human Rights Watch. Libyens Premierminister Abdurrahim el-Keib versicherte den Medien, der Prozess werde nach den internationalen Standards für Menschenrechte erfolgen. Er werde die Behandlung erfahren, die der Bevölkerung unter Gaddafi verweigert gewesen war, sagte er weiterhin.

Auch der Internationale Strafgerichtshof (IStGh) will Senussi den Prozess machen. Die Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde bereits im vergangenen Jahr erhoben. Eine Überführung nach Den Haag wurde ebenfalls beantragt. Sollte Senussi tatsächlich vor dem IStGh der Prozess gemacht werden, könnte sein detailliertes Wissen über die Geschäfte Gaddafis von großem Vorteil sein. Alle Anzeichen sprechen jedoch dagegen, dass Libyen Senussi an Den Haag übergeben wird. Auch sämtliche Ersuche des IStGh, den Sohn Gaddafis, Saif al-Islam, an das internationale Gericht zu überliefern, blieben bisher ohne Erfolg.