Libyen: Parlament übernimmt die Macht

libyen1.gif Zum ersten Mal in der Geschichte Libyens wurde in der Nacht auf Donnerstag die Macht an ein demokratisch gewähltes Parlament übergeben. Überall in Libyen gingen die Menschen auf die Straßen um dieses historische Ereignis zu feiern. Auf die Abgeordneten warten enorme Herausforderungen.

In der Nacht auf Donnerstag hat der Nationale Übergangsrat in Libyen die Macht offiziell an das demokratisch gewählte Parlament abgegeben. Deren 200 Mitglieder wurden bereits am 7. Juli gewählt. Knapp ein Jahr nach dem Tod des Diktators Muammar al-Gaddafi ist Libyen nun auf dem Weg zur Demokratie. Überall in Libyen wurde gefeiert. Es ist das erste vom Volk gewählte Parlament seit über 40 Jahren.

Die Machtübergabe erfolgte im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in einem Kongresszentrum der Hauptstadt Tripolis. Die Feierlichkeiten begannen aufgrund des Ramadan erst kurz nach Mitternacht. Zu Beginn wurde eine Schweigeminute für die Opfer des Bürgerkrieges in Libyen abgehalten, die die Revolte gegen den Diktator al-Gaddafi zur Folge hatte.

Mustafa Abdel Dschalil, der Vorsitzende des Übergangsrates, nannte die Machtübergabe ein historisches Ereignis. Nach Jahrzehnten der Diktatur könne nun ein neues Kapitel des Staates Libyen begonnen werden. Im Anschluss an seine Rede übergab er dem Ältesten des neu gewählten Parlaments, Mohammed Ali Salim, die libysche Flagge.

Nach der feierlichen Machtübergabe an das Parlament begannen in Libyen die Freudenfeiern. Feuerwerkskörper wurden gezündet und die Menschen strömten jubelnd auf die Straßen. In Sprechchören äußerten die Menschen ihre Zuversicht, dass Libyen in Zukunft ein demokratisches und freies Land sein werde.

Das neue Parlament ist die erste frei gewählte Volksvertretung in der Geschichte Libyens. Mehr als die Hälfte der Mandate (120 Sitze) gingen an Kandidaten ohne direkte Zugehörigkeit zu einer Partei. Die übrigen Sitze wurden unter den Parteien vergeben. Die meisten Mandate erhielt die Fraktion von Mahmud Dschibril – dem Vorsitzenden des Nationalen Übergangsrates in der Zeit der Revolution – die als gemäßigt und liberal gilt.

Trotz der großen Freude über das neue Parlament sollte nicht vergessen werden, dass dieses vor enormen Herausforderungen steht. Neben dem Wiederaufbau des unter al-Gaddafi institutionell stark vernachlässigten Landes muss auch eine Lösung für die vielen bewaffneten Milizen gefunden werden, die nach wie vor in Libyen anzutreffen sind. Zu den Hauptaufgaben des Parlaments wird zunächst jedoch zählen, innerhalb der nächsten 30 Tage eine Regierung zu bilden.