Tunesien: Innenminister entlassen – Regierung signalisiert Entgegenkommen

tunesien.gifTunesiens Innenminister Rafik Belhaj Kacem ist heute vom Präsidenten Zine al-Abidine Ben Ali entlassen worden. Grund sind die seit Mitte Dezember anhaltenden landesweiten Proteste. Zum ersten Mal kündigte Ben Ali auch ein Entgegenkommen der Regierung an, indem er die Entlassung aller im Zusammenhang mit den Demonstrationen festgenommenen Menschen ankündigte.

Tunesiens Präsident Zine al-Abidine Ben Ali hat in der Folge der landesweiten Proteste während der letzten Wochen, die mehrere Todesopfer zur Folge hatten, seinen Innenminister Rafik Belhaj Kacem entlassen. Als Nachfolger für den Posten stellte er den derzeitigen Staatssekretär Ahmed Friaa vor.

Tunesiens Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi kündigte außerdem die Freilassung aller im Rahmen der seit Mitte Dezember andauernden Demonstrationen festgenommenen Personen an. Zudem erklärte der Ministerpräsident, dass ein Ausschuss etabliert werden soll, der die von der Opposition und diversen Bürgerrechtlern angeprangerten Fälle von Korruption aufklären soll.

Die Ankündigungen der Regierung stellen einen klaren Richtungswechsel im Umgang mit den Protesten dar. Bis vor zwei Tagen hatte Ben Ali wiederholt ein Entgegenkommen abgelehnt und die Demonstranten als eine Minderheit gewaltbereiter Extremisten dargestellt. Ob die unternommenen Maßnahmen allerdings ausreichen, die Situation im Land zu beruhigen bleibt fraglich, da viele Tunesier erbost über das harte Durchgreifen der Polizei und des Militärs sowie die hohe Zahl der getöteten Menschen erbost sind.

Offiziellen Stellen im Land sprechen mittlerweile von 23 Todesopfern. Internationale Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschafter im Land schätzen die Zahl jedoch auf etwa 50 Menschen. Erstmals seit Beginn der Proteste patrouillierte heute auch das Militär auf den Straßen der Hauptstadt Tunis. Soldaten und Panzer sicherten zentrale Orte und Gebäude in der Innenstadt und im Vorort Ettadhamoun. Dort kam es am Dienstag zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten.

Auch in anderen Städten des Landes zeigt das Militär weiterhin Präsenz, was die Leute allerdings nicht davon abhält weiterhin für ihre Sache zu demonstrieren. Das staatliche Fernsehen berichtet, dass es heute in der im Westen des Landes gelegenen Stadt Tozeur zu schweren Ausschreitungen kam. In Kasserine, einem Zentrum der Proteste, soll die Gewerkschaft einen Streik der Arbeiter planen.

Gründe für die seit Mitte Dezember anhaltenden Proteste sind die hohe Arbeitslosigkeit, die Perspektivlosigkeit der zahlreichen Jugendlichen, die soziale Ungleichheit im Land und der Zorn vieler Menschen über die repressive und korrupte Regierung. Weitere Informationen zu den Protesten und deren Hintergründen erhalten sie hier.