Genozid in Ruanda: War alles ganz anders?

ruanda1.gif Hunderttausende Menschen in Ruanda wurden während des Genozid im Jahr 1994 auf brutalste Weise ermordet. Als Auslöser für dieses beispiellose Massaker gilt das Attentat auf den damaligen Präsidenten Juvenal Habyarimana. Nun wurde ein neuer Bericht veröffentlicht, der den Hintergründen des folgenschweren Flugzeugabsturzes auf den Grund geht. Mit überraschenden Ergebnissen.

Am 6. April 1994 kam der damalige Präsident Ruandas Juvenal Habyarimana bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Dieses Ereignis markiert den Beginn eines der grausamsten Massaker des vergangenen Jahrhunderts. Nur wenige Stunden nach dem Tod Habyarimanas begann der brutale Völkermord an der ethnischen Minderheit der Tutsi. Mindestens 800.000 Tutsi sowie moderate Hutu wurden innerhalb von 100 Tagen bestialisch niedergemetzelt. Ein Untersuchungsbericht aus Frankreich hat den bisherigen Mutmaßungen über die Hintergründe des Flugzeugabsturzes eine neue Wende gegeben. Nicht die von Tutsi dominierte Rebellenarmee „Ruandan Patriotic Front“ RPF hat demnach das Flugzeug des Präsidenten zum Absturz gebracht, sondern radikale Anhänger der Hutu-Regierung Habyarimanas, so die Erkenntnisse des Berichtes.

Die französische Regierung vertrat bisher die Ansicht, die Tutsi-Bewegung RPF, der auch der heutige Präsident Paul Kagame angehört, habe den Flugzeugabsturz des Hutu-Staatsoberhauptes mittels einer Rakete verursacht, um die Macht in Ruanda zu übernehmen. Noch im Jahr 2006 erließ ein französischer Richter Haftbefehle gegen neun Mitglieder der RPF vor diesem Hintergrund, was einen vorübergehenden Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Ruanda und Frankreich nach sich zog.

Erst mit dem Regierungswechsel in Frankreich im Jahr 2007 kam es zu erneuten Annäherungen der beiden Länder. Drei Jahre später wurden neue Untersuchungen über das Attentat auf Präsident Habyarimana eingeleitet. Experten, unter anderem im Bereich der Ballistik, kamen daraufhin zu dem Schluss, dass die Rakete, die zum Absturz des Flugzeuges führte, von der Armee der damaligen Hutu-Regierung selbst abgeschossen wurde, um den darauf folgenden Völkermord an den Tutsi zu rechtfertigen. Begründet werden diese neuen Erkenntnisse im Bericht mit dem Untersuchungsergebnis von Experten an der Absturzstelle das beweisen will, dass die tödliche Rakete von einem Berg abgeschossen worden war, auf dem sich Mitglieder der Hutu-Armee aufhielten.

Präsident Kagames Anwalt Bernard Maingain bezeichnete den neuen Untersuchungsbericht als „historischen Augenblick“. Die Witwe Habyarimanas dagegen sieht in den Untersuchungsergebnissen keine Beweise für die neue Darstellung der Tatsachen um den Tod ihres Mannes.