Madagaskar: Welche Folgen hat der Putschversuch?

madagaskar.gifEine Gruppe von Militäroffizieren erklärten heute in Madagaskar die Ausflösung des Parlaments und die Übernahme der Macht durch ein Militärkomitee. Nach der öffentlichen Erklärung der Putschabsichten blieben unmittelbare Folgen jedoch aus. Das heute durchgeführte Referendum über eine Verfassungsänderung konnte ohne größere Zwischenfälle beendet werden.

Etwas verwirrend sind die Nachrichten, die uns heute von der Insel Madagaskar erreichen. Es soll einen Putschversuch gegeben haben, der jedoch weder die Durchführung der heutigen Volksabstimmung beeinflusste, noch sonst bisher bemerkbare Folgen hatte. Col Charles Andrianasoavinader, der Anführer einer etwa zwanzigköpfigen Gruppe von Militäroffizieren, erklärte heute, das Parlament sei aufgelöst und die Macht des Landes liege nun in den Händen eines speziell dafür gebildeten Militärkomitees.

Auch Stunden nach der öffentlichen Erklärung der vermeintlicher Putschisten, die sich in einer Kaserne in der Hauptstadt Antananarivo aufhalten, sind laut Angaben internationaler Nachrichtenagenturen wie BBC und Reuters keine sichtbaren Folgen des Putschversuchs zu erkennen. Das Referendum über eine Verfassungsänderung des Staates Madagaskar wurde ohne größere Zwischenfälle beendet, die Lage in der Hauptstadt und vor dem Palast des Präsidenten blieb ruhig und auch lokale TV und Radioprogramme wurden unverändert ausgestrahlt.

Ein Putschversuch ohne Folgen? Um die Kaserne, in der sich die Offiziere befinden, herrscht Ruhe und auch in den Straßen der Hauptstadt finden keine Truppenaufmärsche oder Ähnliches statt. Die madagassische Armee zeigte sich dennoch alarmiert und rief ihr Führungspersonal zu einer Krisenkonferenz zusammen. Der Armeepolizeichef machte deutlich, dass jeder Versuch, die Regierung des Landes zu stürzen, sofortiges Eingreifen durch die Armee nach sich ziehen wird. Bisher sind die Hintergründe und Absichten der Putschisten jedoch noch weitgehend ungeklärt.

Die Volksabstimmung, zu der die madagassische Bevölkerung am heutigen Mittwoch aufgerufen war, gilt als sehr umstritten. Sie könnte ausschlaggebend für die heutigen Ereignisse vor der Kaserne in Antananarivo gewesen sein. Die Opposition unterstellt dem Übergangspräsidenten Andry Rajoelina durch das Referendum seine Machtausübung sichern zu wollen. Denn nach der derzeitigen Verfassung wäre der erst 36-jährige nicht dazu berechtigt, sein Präsidentenamt durch Wahlen im kommenden Jahr legitimieren zu lassen. Drei der größten Oppositionsbewegungen des Inselstaates riefen die Bevölkerung zum Boykott des Referendums auf.

Der vermeintliche Putschversuch der Militäroffiziere ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Unzufriedenheit der politischen und ökonomischen Situation Madagaskars zurückzuführen. Der vor eineinhalb Jahren ebenfalls durch einen Putsch an die Macht gelangte Rajoelina sei laut Andrianasoavinader nicht bereit, mit der Opposition einen Konsens zu finden, wodurch die Staatskrise, unter der die Madagassen seit mehreren Jahren zu leiden haben, keinen Abbruch fände. Die Bevölkerung sei es laut Andrianasoavinader leid, auf ein Ende der Krise zu warten. Wie viele Anhänger die Putschisten tatsächlich haben, ist bisher allerdings nicht bekannt.