Mutmaßliche Drahtzieher der Unruhen in Kenia vor Gericht

kenia.gif In Den Haag finden derzeit Anhörungen gegen sechs mutmaßliche Drahtzieher der blutigen Unruhen in Kenia nach der Präsidentschaftswahl 2007 statt. Rund 1500 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Ob die Anhörungen der sogenannten „Ocampo 6“ auch zu einem Verfahren führen werden, unterliegt der Entscheidungsgewalt der vorsitzenden Richter.

Ende Dezember 2007 fanden in Kenia Präsidentschaftswahlen statt. Diese Wahlen kosteten über 1500 Menschen das Leben, 3500 wurden verletzt, die Zahl der Vertriebenen liegt bei rund einer halben Million Menschen. Im Anschluss an die Wahl 2007, in der sich der amtierende Präsident Mwai Kibaki mit knapper Mehrheit gegen seinen stärksten Konkurrenten Raila Odinga durchsetzte, kam es in Kenia zu massiven Gewaltausbrüchen. Die Opposition warf der Regierungspartei Wahlbetrug vor. Kibaki und Odinga beanspruchten den Wahlsieg beide für sich. Zwischen den Anhängern beider Kandidaten brach Gewalt aus, die das Land über mehrere Wochen hinweg erschüttern sollte.

Kibaki gehört der Ethnie der Kikuyu an, der größten Ethnie in Kenia. Odinga ist ein Luo, das ist die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe des Landes. Der politische Disput über die Präsidentschaftswahl wurde schnell mit der Frage der ethnischen Zugehörigkeit in Bezug gesetzt. Aus manchen Städten wurden innerhalb von Tagen alle Mitglieder einer Ethnie vertrieben, viele wurden dabei getötet oder verwundet. Besonders in der Stadt Kisumu im Osten Kenias, in der Region Rift Valley sowie in der Hauptstadt Nairobi herrschten über mehrere Wochen Bürgerkriegsähnliche Zustände. Ein Friedensplan, der die Bildung einer Koalitionsregierung beinhaltete, beendete im Februar 2008 schließlich die Unruhen in Kenia.

Luis Moreno Ocampo, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, forderte die Prüfung von sechs Personen, denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit den Gewalttaten nach der Wahl 2007 vorgeworfen werden. Die Männer werden beschuldigt, die Bevölkerung aufgehetzt und zu den Gewalttaten aufgerufen zu haben. Am Mittwoch begannen die Anhörungen gegen drei hohe Politiker Kenias vor dem Strafgerichtshof. Neben dem Chef der Staatsverwaltung und dem damaligen Polizeichef muss sich auch der Vize-Premierminister Uhuru Kenyatta vor dem Gericht verantworten. Die andern drei der sogenannten „Ocampo 6“ wurden bereits zu Beginn des Monats verhört. Darunter ist neben dem ehemaligen Bildungsminister und dem ehemaligen Minister für Industrie auch ein Radiomoderator.

Die Ankläger in Den Haag zeigten sich optimistisch, dass die Anhörungen der „Ocampo 6“ die Anklagen gegen die Männer bestätigen werden. Die Entscheidung, ob es tatsächlich zu den Verfahren kommen wird, liegt jedoch bei den Richtern.