Müllentsorgung im Namen der Entwicklungshilfe: Das UNICEF-Bild des Jahres

ghana.gif Eine Aufnahme des deutschen Fotografen Kai Löffelbein wurde zum UNICEF-Bild des Jahres 2011 gekürt. Es zeigt einen Jungen auf einer brennenden Mülldeponie in Ghana, der einen ausgemusterten Monitor in die Höhe hält. Aufmerksam machen soll das Foto auf die Tatsache, dass jedes Jahr hunderte Tonnen Elektroschrott aus der westlichen Welt in Afrika entsorgt werden. Im Namen der Entwicklungshilfe.

Das Bild des Jahres 2011 des Kinderhilfswerks UNICEF macht auf eine Problematik aufmerksam, die hier in Deutschland nur wenig bekannt ist. Aufgenommen wurde das Foto in Ghana, auf der riesigen Mülldeponie Agbogbloshie in der Nähe der Hauptstadt Accra. Das Bild zeigt einen Jungen, bekleidet mit einem Fußballtrikot und Gummisandalen, der einen Monitor über seinen Kopf stemmt, unmittelbar vor dem Moment, in dem er das Gerät auf die Erde wirft. Um ihn herum sind brennende Müllberge zu sehen, dicke Rauchschwaden lassen die Aufnahme bedrohlich wirken. Nicht ohne Grund trägt die besagte Deponie in Accra im Volksmund den Beinamen „Sodom und Gomorra“. Unter Reportern wird die Müllhalde auch „Vorhof zu Hölle“ genannt.

Zum UNICEF-Bild des Jahres wurde diese Aufnahme in Agbogbloshie nicht zuletzt aufgrund der Geschichte gewählt, die hinter dem Bild steckt. Es zeigt nicht einfach nur ein weiteres armes Kind in Afrika, es zeigt Elektroschrott, dessen Ursprung die westliche Welt ist, auch Deutschland. Im Jahr 2000 wurde beim G8-Gipfel in Okinawa beschlossen, dass auch die ärmsten Regionen der Erde mit den neuesten Techniken des Informationszeitalters ausgestattet werden sollen. Was folgte war eine wahre Überschwemmung vieler Länder Afrikas mit ausgemusterten Computern aus der westlichen Welt. Mittlerweile ist belegt, dass etwa 30 % der Geräte, die in Afrika ankommen, überhaupt nicht mehr betriebsfähig sind. Ein Vorhaben, das gut gemeint war – wie man hoffen mag – ist zu einer billigen Option für die Industriestaaten geworden, ihren Elektroschrott loszuwerden.

Allein die Bundesrepublik Deutschland exportiert jedes Jahr rund 100.000 Tonnen Elektromüll nach Afrika. Dort bilden sich dann, wie in Agbogbloshie, riesige Mülldeponien, die voller gesundheitsgefährdender Dämpfe sind und das Grundwasser und den Boden für Jahrzehnte vergiften. Viele Jugendliche und sogar Kinder, wie der Junge auf dem UNICEF-Bild des Jahres, arbeiten auf diesen giftigen Deponien, um wenigstens das Nötigste für sich und ihre Familien zu verdienen. Sie suchen in Mitten der giftigen Dämpfe nach noch verwertbaren Teilen des Elektroschrotts. Was sie finden verkaufen sie an Zwischenhändler. Damit machen sie durchschnittlich einen Gewinn von 20 US-Dollar im Monat.

Urheber der Aufnahme, die zum UNICEF-Bild des Jahres gekürt wurde, ist der Fotograf Kai Löffelbein. Der 30-jährige ist Student an der Hochschule Hannover. Das Bild ist Teil seiner Fotoserie „Kids of Sodom“.