Ägypten: Neues Kabinett vorgestellt

aegypten.gif In Ägypten ist am Donnerstag das neue Kabinett vorgestellt worden. Entgegen den Erwartungen sind nur wenige Vertreter islamistischer Parteien darin vertreten. Das ägyptische Parlament wird von Islamisten dominiert, weshalb die Vergabe der Ministerposten bei einigen für Überraschungen sorgte.

In Ägypten wurde am Donnerstag das neue Kabinett vorgestellt. Rund einen Monat nach der Wahl von Mohammed Mursi in das Präsidentenamt. In der neuen Regierung des von Mursi ernannten Ministerpräsident Hischam Kandil sind wider Erwarten vieler nur wenige Islamisten. Und das obwohl sowohl Kandil als auch Mursi beide enge Verbindungen zur islamistischen Partei der Muslimbrüder haben. In dem 35-köpfigen neuen Kabinett wird nach Meinung vieler unabhängiger Medien die Macht des Militärrats widergespiegelt, die nach dem Sturz des Diktators Hosni Mubarak vor rund eineinhalb Jahren die Regierungsgeschäfte in Ägypten übernahm.

Nur vier der ernannten Kabinettsmitglieder sind aus den Reihen der Muslimbrüder. Ein Anhänger der radikal islamistischen Salafisten ist nach Protesten aus der Bevölkerung offenbar in letzter Sekunde doch nicht zum Minister ernannt worden. Statt des Salafistenpredigers Mohammed Jussri wurde das Ministerium für religiöse Stiftungen an einen Gelehrten der Universität übergeben.

Sechs der ernannten Minister wurden vom alten Kabinett übernommen, das der Militärrat vor einigen Monaten aufgelöst hatte. Darunter sind der Finanzminister, der Außenminister und die Forschungsministerin. Der Vorsitzende des Militärrats, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, wird wie angekündigt das Amt des Verteidigungsministers übernehmen. Diesen Ministerposten hatte er bereits einige Jahre in der Regierung Mubaraks.

In einer Pressekonferenz im Anschluss an die Vorstellung des neuen Kabinetts rief Ministerpräsident Kandil die ägyptische Bevölkerung auf, dieses und auch den Präsidenten Mursi in Zukunft zu unterstützen. Er betonte die Einheit aller Ägypter und mahnte die Menschen, sich gegenseitig nicht länger aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit zu beurteilen.

Mursi und Kandil selbst wurden besonders von Mitgliedern und Anhängern liberaler Parteien kritisiert, da sie beide viel wichtige Zeit verschwendet hätten, um das neue Kabinett zu bilden. Und auch die Tatsache, dass darin so wenige Muslime vertreten sind, stimmt viele Liberale nicht wie zu erwarten optimistisch sondern vielmehr misstrauisch. Es kursiert das Gerücht, Ägyptens stärkste Partei der Muslimbrüder spekuliere auf die baldige Umstellung der Regierung, sobald eine neue Verfassung in Kraft trete. Die geringe Vertretung im nun ernannten Kabinett sei nur eine taktische Maßnahme der Partei.