Ägypten: Muslimbrüder stellen Präsidentschaftskandidaten

aegypten.gif Die Muslimbrüder haben nun doch einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in Ägypten nominiert. Bisher hatten sie eine Kandidatur aus den eigenen Reihen vehement abgelehnt. Als Begründung dafür hatten sie angegeben, die Politik des Landes nicht dominieren zu wollen. Bei den Parlamentswahlen gewannen die Muslimbrüder fast 50 % der Wählerstimmen. Die Liberalen zeigten sich besorgt über den Meinungsumschwung der Muslimbrüder.

Entgegen aller bisherigen Ankündigungen hat die Partei der Muslimbrüder in Ägypten nun doch einen Kandidaten für die kommende Präsidentschaftswahl aufgestellt. Chairat al-Schater, stellvertretender Vorsitzender der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, reicher Geschäftsmann und Akademiker, soll für die Muslimbrüder antreten. Nicht nur der Militärrat, der nach dem Sturz des Diktators Hosni Mubarak die Macht in Ägypten übernahm, auch die liberalen Parteien betrachten dieses Ereignis mit großer Besorgnis. Die Muslimbrüder sind mit Abstand die stärkste Partei in Ägypten. Bei den Parlamentswahlen, die sich über drei Monate hinzogen und im Januar beendet wurden, konnte die islamistische Partei fast die Hälfte aller Wählerstimmen für sich gewinnen. Zusammen mit der Nur-Partei der Salafisten haben sie rund drei Viertel der Sitze im Parlament und auch bei der verfassungsgebenden Versammlung sind die Mitglieder islamistischer Parteien klar in der Mehrzahl. Folglich stehen die Chancen für Chairat al-Schater bei der Wahl um das höchste Amt im Staat alles andere als schlecht. Liberale in Ägypten befürchten nun, dass die Macht der Muslimbrüder das Land in Zukunft noch stärker beherrschen wird. Die Muslimbrüder wollten ursprünglich keinen Kandidaten für das Präsidentenamt ins Rennen schicken, um die politischen Vorgänge im Land nicht zu dominieren.

Als Begründung für die unerwartete Kandidatur aus den Reihen der Muslimbrüder nannte ihr Generalsekretär Mahmud Hussein die Tatsache, dass der Demokratisierungsprozess im Land viel zu langsam voranschreite. Seit dem Sturz Mubaraks hält bis heute der Militärrat die Fäden der Macht in der Hand. Das dies immer noch der Fall ist wird auch von den Muslimbrüdern stark kritisiert und führte immer wieder zu Konflikten zwischen den beiden Lagern. Erst nach der Wahl eines Staatschefs will der Militärrat die Macht an eine zivile Regierung abgeben, so die Ankündigung. Der Beginn der Präsidentschaftswahl ist für den 23. Mai angesetzt worden. Am 16. und 17. Juni sollen gegebenenfalls die Stichwahlen folgen. Die Nominierungsphase für die Kandidaten endet am 8. April, dann wird auch der Wahlkampf in Ägypten beginnen.